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Liebe Japanologie der Goethe-Universität Frankfurt!

Seit 1925 gibt es an der Goethe-Universität Frankfurt die Ostasienforschung, seit 1981 die mit einer Professur institutionalisierte Japanologie. Mit der Verlegung des Marburger Japanzentrums vor fünfzehn Jahren ist die Japanologie in Frankfurt gestärkt worden, 2009 wurde sie mit einer zweiten Professur ausgestattet. Für eine Volluniversität ist dies Anspruch und Zierde zugleich: denn gerade ein Fach wie die Japanologie ist eine Brücke in die weite Welt, trägt zur Internationalisierung bei und ermöglicht den Zugang zu neuem Wissen, das aus eigener Sprachkenntnis geschöpft wird.

Als im 13. Jahrhundert Marco Polo um die halbe Welt in den Fernen Osten reiste, berichtete er von Cipangu – dem sagenhaften Reich der aufgehenden Sonne: Das ferne, unerreichbare und geheimnisvolle Cipangu wurde zur Projektionsfläche und Leerstelle. Doch wirkliches Wissen über die Verhältnisse, ob dieses Land reich oder arm ist, in kultureller Blüte steht oder nicht, hatte man freilich kaum.

Und heute? Die technischen Innovationen und Kulturerzeugnisse aus Japan sind fast jedem bekannt, das Land scheint näher gerückt, qua Internet ist ohnehin alles sofort verfügbar. Insbesondere in Zeiten der Informationsflut kann man eben nicht nicht Wissen, um Paul Watzlawick zu paraphrasieren. Vorstellungsbilder formieren sich und ersetzen eine differenzierte Wahrnehmung – damals wie heute. Unkenntnis und Überlagerung – Skylla und Charybdis: Doch die Wissenschaft hat die Aufgabe und das Vermögen, hindurch zu steuern.

Gegenwärtig vertrauen der japanbezogenen Ausbildung im BA-Studiengang annähernd 600 Kommilitonen und Kommilitoninnen, die im WS 2020/2021 in der Japanologie immatrikuliert sind (Tendenz steigend). Welch schöneres Geschenk kann es geben als solch ein vielfaches Vertrauen, als solch eine Bestätigung der eigenen Arbeit? Diese hohen Studierendenzahlen bedeuten wahren Reichtum – für die Japanologie und die Universität gleichermaßen.

Liebe Frankfurter Japanologie: Zum Geburtstag die herzlichsten Glückwünsche, zur geleisteten Arbeit aber den allerhöchsten Respekt!

Enrico Schleiff

Präsident der Goethe-Universität Frankfurt

Fachvertretung Japanologie

Im Mandala der Zeit. Vier Dekaden Japanologie,

100 Jahre Asienwissenschaft

Das Fach Japanologie an der Goethe-Universität feiert im Mai 2021 sein vierzigjähriges Bestehen. Die Asienwissenschaften an der Goethe-Universität blicken fast auf 100 Jahre universitärer Tradition zurück; ihr Jubiläum wird in kurzer Zeit vollendet sein, wenn sich 2025 die Einrichtung des 1925 mit Richard Wilhelm (1873-1930) als Gründungsdirektor besetzten China-Instituts der Universität Frankfurt jährt. Wilhelm und Erwin Rousselle (1890-1949), der ihm 1931 nachfolgte, zählen in eine Reihe Landeskundiger, die in den frühen Dekaden des 20. Jahrhunderts innerhalb bestimmter zeitlich bedingter Konstellationen dem Westen Asien erschlossen und dabei vor allem das Religiöse als verbindendes Element der Kulturen herausstellten. Partiell ergab sich daraus eine Mystifizierung fernöstlicher Geistigkeit – was nicht zuletzt die Erwartungen eines asienschwärmerischen Bildungsbürgertums erfüllte.

Asienwissenschaftliche Ambitionen

Kulturdiplomatisches Ziel des von chinesischer Seite geförderten Instituts war die Völkerverständigung. Die Erkundungen der beiden Frankfurter Asienspezialisten richteten sich dafür auf weltanschauliche Dimensionen. Wilhelm vertrat ein religiöses Weltbürgertum, das egalitär und pädagogisch angelegt war, Rousselles Vision tendierte zum Elitär-Esoterischen. Mit seinen Taoismus-Studien beabsichtigte er, in der Interaktion mit gleichgesinnten Gebildeten einem „metaphysischen Bedürfnis der Seele“ nachzukommen. Empfohlen durch  Richard Wilhelm sei er in eine Pekinger „Bruderschaft“ aufgenommen worden, die ihm das „Eindringen in die taoistische Überlieferung“ ermöglicht habe. Rousselle, zudem Mitglied der Darmstädter Loge Zum flammenden Schwert und praktizierender Mystiker, erhoffte nichts weniger als die deutsche Erneuerung aus dem „alten Asien“.  In der „Tiefenschau, und nur in ihr, liegt der Sinn des China-Instituts“, konstatierte der Gelehrte.

Japan und die Japanforschung

Auch den japanologischen Kanon bestimmten überwiegend Facetten japanischen Denkens wie sie aus vormodernen Schriften und literarischen Zeugnissen überliefert oder aus der Kulturgeschichte erschlossen wurden. Dies konnte man eventuell noch bis Ende der 1970er behaupten, in denen dann ein sozialwissenschaftlicher Zweig der Japanforschung erstarkte; er beschäftigte sich mit Feldern, die frühere Curricula noch wenig berücksichtigt hatten, obwohl Japan bereits in den 1960er Jahren seine Ambitionen als Technologie-Nation verlautbarte und dieses Japan Konkurrenz für die der deutsche Industrie bedeutete. Die 1980er standen mit dem Wirtschaftswachstum des Landes im Zeichen eines „Japan-Booms“ an den Universitäten. Man rief Japan-Zentren ins Leben, z.B. in Marburg, wo im übrigen der 1876 berufene Geograph, Naturforscher und Japanreisende Johannes Justus Rein (1835–1918) 1878 die ersten akademischen Vorlesungen über Japan im deutschsprachigen Raum hielt. Hessens zweite japanwissenschaftliche Verortung von Japanstudien richtete das Studium 1989 auf den Gegenwartsbezug aus – in den Disziplinen Gesellschaft, Recht, Wirtschaft und Religion, letzteres sozialanthropologisch basiert und vertreten von Michael Pye (*1939). Im Rahmen des Hochschulstrukturplans beschloss man 2008 die Schließung des Zentrums an der Philipps-Universität, dessen Gründungsdirektor Erich Pauer (*1943) war, wobei die Schwerpunkte Recht und Wirtschaft an die Goethe-Universität transferiert wurden.

„Neue Japanologie“ als multiperspektivisches Projekt

Japanforschung zeigt Zukunftsfähigkeit, indem sie Forschungsdesigns jenseits des Zeitgeists entwirft. Eine Rhetorik von sozialwissenschaftlicher, praxisnaher Optimierung, die ein vorgeblich verzichtbares Textstudium und philologische Kompetenzen ersetzt, ist obsolet – ebenso wie das regressive Beharren auf einem Schriftgelehrtenideal. Momentan sind Fächer und Professuren zu sehr durch Spargebote bedroht, als dass sie sich den Luxus der Rivalität leisten könnten. Während ökonomistische Gesichtspunkte und Planungsbürokratie das akademische Geschehen einschränken, bleibt das Konzept der Volluniversität attraktiv – vor allem für die Studierenden. Eine neue Japanologie des 21. Jahrhunderts wie sie derzeit in Frankfurt Konturen angenommen hat, umfasst eine selbstreflexive, historisch informierte Dimension sowie eine multiperspektivische Positionierung im Hinblick auf künftige Konstellationen: Man schreitet sozusagen ein Mandala in Zeit und Raum ab, um auf einer höheren Stufe der komplexen Verfasstheit der Gegenwart gerecht zu werden und in einer scheinbar unsicher gewordenen Ordnung des Wissens Orientierung zu finden.

Forschung für die Zukunft

Auf beinahe wundersame Art schließt sich am Ende der Kreis zu asienwissenschaftlichen Vorgängern wie Rousselle. Japanologie, mit erweiterter Perspektive auf das Visuelle, das Mediale sowie auf technikbezogene Kulturformen, dechiffriert im Jahr 2021 etwa ein Thema wie den „digitalen Schamanismus“ und die ihn begleitenden japanischen Jenseitsvorstellungen – ohne vorschnell in die Muster der Vergangenheit zu verfallen und von der Warte des Animismus-Adepten aus zu argumentieren: Es geht um das Konzept einer japanischen Künstlerin, die Tote zum „Leben erweckt“. Sie gestaltet humanoide Roboter als kybernetische Gefäße für Seelen, deren Anwesenheit trauernde Angehörige trösten soll. Für eine Implementierung solcher KI-Wesen in neu gedachten trans-anthropozentrischen Umwelten bedarf es sicher vieler verschiedener Einschätzungen zwischen soziologischem Befund, Marktsondierung, Technikethik, Recht und Religion. Auch die Literatur als Medium des Findens von Entscheidungsoptionen – und damit als Spiegel des Denkbaren vor seiner Realisation – trägt zur Diskussion um  Menschenbilder und wünschenswerte Szenarien der Zukunft bei. Als Fachvertreterin plädiere ich deshalb anlässlich dieses japanologischen Jubiläums für den Fortbestand einer Universität, die die Autonomie der Wissenschaften und die Freiheit von Forschung und Lehre erhält.

Dank sagen möchte ich an dieser Stelle denjenigen, die das Fach und mich vor allem in den Jahren der Neugestaltung unterstützt haben: Jost Gippert (FB 9), Achim A. Stoehr (1937-2008, ehem. Präsident DJG Frankfurt), Klaus Antoni (Emeritus Universität Tübingen), Klaus Keuthmann (FB 9), Waltraud Steege (FB 9), Kimura Naoji (Emeritus Sophia Universität Tôkyô), Walter Gebhard (1936-2019, Emeritus Universität Bayreuth) sowie Fukasawa Hidetaka (Emeritus Hitotsubashi Universität Tôkyô ).

Lisette Gebhardt | FB 9 Sprach- und Kulturwissenschaften

Jubiläum oder Vorwärts in die Vergangenheit

Die Ostasienwissenschaften an der Universität Frankfurt können für ihre Anfänge auf einige berühmte Namen wie den des Sinologen Richard Wilhelm (Honorarprofessur, Gründer des China-Instituts) zurückblicken. Doch mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs riss der Faden zunächst einmal ab. Das China-Institut war 1944 bei einem Bombenangriff zerstört worden, und Japanologie hatte als eigenständiges Fach bis dahin nicht existiert; Richards Nachfolger Erwin Rousselle (1890–1949) hatte zu Japan lediglich in zeitgeschichtlich ausgerichteten Artikeln geschrieben. Zwar wurden Bemühungen zur Wiedereinrichtung einer sinologischen Professur in den 1950er Jahren vorangetrieben, doch zog sich deren Verwirklichung hin. Eine Besetzung erfolgte dann 1962. Doch der Berufene, Otto Karow (1913–1992), war von seiner Ausbildung her vorrangig ein Japanologe. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, umfasste die Denomination der neuen Professur nicht nur Sinologie, sondern auch Japanologie, Koreanistik und die Südostasienwissenschaften. Ausschlaggebend für die Berufung und den Umstand, dass Karow sich gegen sinologische Bewerber wie Wolfgang Bauer durchsetzen konnte, mag das fulminante Gutachten gewesen sein. Horst Hammitzsch, damals Professor an der Universität Leipzig, hob darin hervor, es gehöre zum Ausbildungsprofil des Japanologen, auch in Sinologie bewandert zu sein. Dies gelte für Otto Karow in besonderem Maße. 

In der folgenden Zeit verlagerten sich Karows Interessen zunehmend auf die Südostasienwissenschaften, und Anfang der 1970er Jahre ermöglichte es ihm die Einrichtung der sog. „Hessen-Professuren“, institutionelle Umformungen einzuleiten. Zwei Professuren gingen aus dem neue Programm hervor: Die eine wurde mit Hans-Adalbert Dettmer (1927–2014) für Japanologie besetzt, die andere mit Chang Tsung-tung (1931–2000) für Sinologie. Dettmer war zuvor schon als Assistent unter Karow tätig und hatte sich mit der Arbeit Die Urkunden Japans vom 8. bis ins 10. Jahrhundert, Band 1: Die Ränge. Zum Dienstverhältnis der Urkundsbeamten in Frankfurt habilitiert. 1978 wechselte er als Nachfolger Horst Hammitzschs an die Ruhr-Universität Bochum. Von dort wiederum wurde Ekkehard May 1981 nach Frankfurt berufen, und mit ihm beginnt die eigentliche Geschichte des Instituts für Japanologie.

Vor zwei Jahrzehnten hielt der Verfasser seine Erwartungen an die zukünftigen Entwicklungen des Fachs – inländisch und international – in einem Aufsatz fest (siehe Grundriß der Japanologie, 2000). Das vierzigjährige Jubiläum des Instituts ist ein günstiger Anlass für eine Bestandsaufnahme.

Reformbestrebungen im Universitätsbetrieb, die untrennbar mit dem Namen „Bologna“ verbunden sind, führten zu einer flächendeckenden Umstellung der Studiengänge auf das Bachelor- und Master-Modell. Wie für andere Ostasienwissenschaften waren die Konsequenzen auch für die Japanologie nicht nur segensreich. Hatten es Studierende an deutschsprachigen Universitäten ohnehin schon schwer, einen dem Niveau der KommilitonInnen in ostasiatischen Ländern vergleichbaren Stand der Sprachbeherrschung zu erreichen, verschlechterten die Studienbedingungen sich durch die Umstellung auf das BAMA-System mit der Reduzierung der Regelstudienzeit und der einhergehenden Einschränkung des zeitlichen Rahmens für Sprachunterricht noch einmal. Auch die Modularisierung der Unterrichte und ihre Einpassung in ein neues, durch Creditpoints (CP) ausgedrücktes Berechnungsverfahren konnten nicht ohne Folgen bleiben.

Lag einer der Schwerpunkte der Ausbildung bis 2000 auf der klassischen japanischen Literatur und – Voraussetzung dafür – einer Sprachausbildung, die auch die historischen Sprach- und Schriftformen nicht aussparte, trat die Konzentration auf die moderne Standardschriftsprache unter den Vorzeichen des BAMA-Systems notgedrungen in den Vordergrund. Angesichts der zunehmend steigenden Studierendenzahl – zu Beginn der zweiten Dekade des 21. Jahrhunderts wurde ein Höchstwert von 200 Neuimmatrikulationen erreicht, und danach fiel der Wert nie mehr unter 150 Personen – war das unvermeidbar. Die intensive Betreuung kleiner Unterrichtsgruppen bei der Arbeit mit Drucktexten aus der Zeit vor 1860, wie sie sich in der Sammlung „Edo bunko“ finden, war zu einem Traum vergangener Jahre geworden.

Trotzdem arbeitete das Fach erfolgreich. Das ist dem Engagement der Lehrenden zu verdanken und der Motivation der Studierenden, die durch das Themenspektrum angezogen wurden, das im Rahmen eines neuen Studiengangs mit vier Spezialisierungssträngen durch die Gründung des Internationalen Zentrums für Ostasienstudien (offiziell seit 2008) angeboten wurden. Die eindrucksvolle Zahl der BA- und MA-Arbeiten mit interessanten Themenstellungen in den Jahresberichten vermittelt davon einen Eindruck und zeigt, dass sich gute Studierende nicht durch überlaufene Fächer abschrecken lassen. 

Sicherlich haben auch die freiwilligen Arbeitskreise, die seit 2003 hinzukamen und studentische Freiräume zur interessengeleiteten eigenen Forschung eröffneten, einen großen Anteil daran. In diesen fand eine Kompensation dessen statt, was durch das kurze BA-Studium und die oft kritisierte Verschulung nicht mehr möglich war. Gleichzeitig sind die Arbeitskreise auch eine verbindende Schnittstelle zur Forschung, die seit dem Jahr 2000 neue Orientierungen zu Tage treten lässt.

In den „Perspektiven“ hatte der Verfasser sich auf einen Satz Carl Steenstrups bezogen, nach dem japanologische Forschung außerhalb Japans eher „Derivatives“ zu bieten habe. Schon damals fiel auf, dass in Frankfurt ein Weg eingeschlagen worden war, der ansonsten nur in Japan selbst beschritten wurde: Grundlagenforschung durch das Erschließen nicht edierter und unbearbeiteter – gedruckter wie ungedruckter – Quellen. Bereits Otto Karow hatte in seiner Habilitationsarbeit über das medizingeschichtliche Werk Daidô ruijû hô („Rezepte nach ihrer Art klassifiziert [aus der Ära] Harmonisiertes Kupfer“) mit solchen Quellen gearbeitet. Aber unter May brachte die Ausbildung auf diesem Gebiet Magister- und Doktorarbeiten hervor, und sie wurden teils in Buchform (Reihe Bunken, Harrassowitz Verlag) veröffentlicht. 

Das war bahnbrechend und nahm vorweg, was in der internationalen Japanologie seit wenigen Jahren in den Mainstream einer selbstbewusst und selbständig gewordenen Gemeinschaft von ForscherInnen eingegangen ist, die auf den verschiedensten Gebieten japanologischer Forschung mehr als nur „Derivatives“ anzubieten hat. Das gilt auch für die Frankfurter Japanologie und ihr Spektrum an Forschungsthemen, die mehr oder weniger mit den freiwilligen Arbeitskreisen verbunden sind und diese nutzen, um über die Möglichkeiten der curricular verankerten Unterrichte Interessen unter den Studierenden zu wecken und diese an wissenschaftliches Arbeiten und Denken heranzuführen. Das kann soweit gehen, dass aus den AGs BA- und MA-Arbeiten hervorgehen (wie die von Laura Fuchs und Rebecca Ratzel mit dem Titel „Aufstieg und Untergang des Fuchses. Die Motive Tamamo-no-mae und kanzen-chôaku in der frühneuzeitlichen Populärliteratur Japans. Mit einer Transponierung des gôkan Shinkyoku Kyûbiden“ oder Christina Groß ebenfalls zum Shinkyoku kyûbiden, den „Neuen Szenen aus der Geschichte der Neun [Fuchs]schwänze“).

Die kritische Auseinandersetzung mit der intellektuellen, literarischen und künstlerischen Verarbeitung der Dreifachkatastrophe von 2011 und ihren Nachwirkungen hat der Frankfurter Japanologie ein neues und eigenständiges Forschungsfeld eröffnet, das nicht unter dem Nimbus des „Derivativen“ steht – wie dies eigentlich auch schon für den Fokus auf die literarische Reflektion gesellschaftlicher Problematiken galt, die unter dem Stichwort „Prekär“ zu finden ist. Und die Anknüpfung an die textwissenschaftliche Vorreiterrolle der Zeit vor 2000 ist unter neuen Vorzeichen möglich geworden durch den Anschluss an zeitgemäße Trends geisteswissenschaftlicher Methoden: Gegenwärtig arbeitet die Frankfurter Japanologie daran, sich als ein Zentrum der Digital Humanities-gestützten Forschung zu etablieren und deren Möglichkeiten auf die Auseinandersetzung mit der Edo bunko zu beziehen.

Die fehlende Ausbildung in vormodernen Sprach- und Schriftformen wird dadurch umgangen, dass interessierte Studierende sich in der Shiranui AG, in der frühneuzeitliche Buchpublikationen aus dem Spektrum der Edo bunko gelesen werden, einerseits und im Digital Humanities Arbeitskreis – samt den internationalen Workshops, die seit 2017 jährlich in diesem Bereich organisiert werden –, notwendige Kenntnisse und Fertigkeiten aneignen können. Andere AGs sind dem literarischen Übersetzen, dem japanischen Film, dem Kulturmanagement oder auch einzelnen literarischen Oeuvres gewidmet. Immer aber geht es darum, die Japanologie als ein lebendiges Fach mit all ihren Forschungsansätzen vorzustellen und das Interesse an wissenschaftlichen Laufbahnen zu wecken. Manchmal münden diese Unternehmungen in publikumswirksamen Events wie der Ausstellung „Japan auf Reisen“ 2014 am renommierten Klingspormuseum in Offenbach. Es bleibt zu hoffen, dass diese Knospen unserer Arbeit alle Engpässe der universitären Wirklichkeit, die nicht verschwiegen werde sollten, überdauern und die Frankfurter Japanologie auch über ein nächstes Jubiläum hinaus die Chance haben wird, sich auf dem eingeschlagenen Weg zu entfalten.

Michael Kinski | FB 9 Sprach- und Kulturwissenschaften

Grußworte der Schwerpunkte Recht und Wirtschaft

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Studierende der Japanologie, 

vierzig Jahre Japanologie an der Goethe-Universität ist Grund zu feiern. Das Jubiläum zeugt von einer großen Kontinuität der intensiven Beschäftigung mit Japan am Standort. Dies, obwohl sich die japanische Gesellschaft – ebenso wie die wissenschaftliche Beschäftigung mit Japan – in den vergangenen vier Jahrzehnten in vielfältiger Weise gewandelt haben. Japan, das unterstreicht das Jubiläum, bleibt als Objekt der Forschung wichtig und ergiebig. Die Japanologie in Frankfurt ist in der Form, wie sie hier ausgestaltet hat, als Studienfach unverändert attraktiv. Das belegen nicht zuletzt die hohen Studierendenzahlen.

Heute pflegt die Japanologie in Frankfurt mit den Schwerpunkten moderne Literatur und Ideengeschichte auf einer fundierten sprachlichen Grundlage wichtige Felder der klassischen deutschen Japanologie weiter. Sie greift aber auch aktuelle Ereignisse auf, prominent etwa die Dreifachkatastrophe des Jahres 2011. Immer wieder gelingt es den Dozentinnen und Dozenten, die Studierenden für aktuelle Probleme zu sensibilisieren und zu motivieren, die eigenen Ergebnisse auch in die Öffentlichkeit hineinzutragen. 

Die Bündelung der Asienkompetenz der Goethe-Universität im Interdisziplinären Zentrum für Ostasienstudien (IZO) und die Existenz weiterer japanbezogener Professuren in den Fachbereichen Wirtschaftswissenschaften und Rechtswissenschaft bieten zugleich Zugänge zu Japan aus der Perspektive dieser Disziplinen. Nicht zuletzt Studierende profitieren von der Möglichkeit, im Rahmen des Bachelorstudiengangs Japanologie Schwerpunkte nach individuellem Interesse breit kombinieren zu können. Hier zeigt sich, wie anschlussfähig die Japanologie in Frankfurt ist, die sich ihre Identität gleichwohl bewahrt hat. 

In diesem Sinne gratuliere ich Ihnen herzlich zu dem Geleisteten und freue mich auf die weitere Zusammenarbeit. 

Prof. Dr. Moritz Bälz | FB 1  Rechtswissenschaft, Professur für Japanisches Recht und seine kulturellen Grundlagen

Liebe Frau Kollegin Gebhardt, lieber Herr Kollege Kinski, lieber MitarbeiterInnen der Japanologie,

herzlich möchte ich Ihnen zum 40. Geburtstag der Japanologie gratulieren. In den letzten vier Jahrzehnten hat die Japanologie eine beeindruckende Entwicklung erlebt: Qualität und Relevanz in der Lehre und Forschung, Vielfalt, Offenheit und eine hohe Aktualität der bearbeiteten Themen machen sie in vielen Feldern zu einem Orientierungspunkt. 

Besonders freut mich, daß es uns gemeinsam gelungen ist, über Jahre hinweg ein Studienangebot zu entwickeln, welches sowohl den japanologischen als auch den disziplinären Anforderungen Rechnung trägt. Dies gilt besonders für die beiden Disziplinen, die traditionell außerhalb der Japanologie lagen: Recht und Wirtschaft. In dem von mir betreuten Schwerpunkt Japanische Wirtschaft, der Teil unseres gemeinsamen BA Studiengangs ist,  können die Studierenden durch diesen Ansatz theoretische, methodische und empirische Kenntnisse erwerben, die sie befähigen, die Wirtschaft Japans und seine Unternehmen besser zu verstehen. Sie lernen hierdurch aber auch, ihre Kenntnisse auf andere Länder, etwa auf die Wirtschaften und Unternehmen Ostasien anzuwenden, und etablierte Paradigmen kritisch zu hinterfragen. Gerade vor der Bündelung unserer Ostasienexpertise im Interdisziplinären Zentrum für Ostasienstudien (IZO) an der Goethe Universität Frankfurt  halte ich eine solche „Kultur des Ermöglichens“ in der interdisziplinären Zusammenarbeit für besonders geglückt. 

Ihr runder Geburtstag gehört natürlich gebührend gefeiert. Ich weiß, wie Sie vor der Corona-Pandemie Ideen zu attraktiven Veranstaltungen entwickelt haben. Ich hoffe darauf, daß sich im Laufe des Jahres für Sie die Gelegenheit ergeben wird, auch im analogen Raum zu feiern. Bis dahin aber freue ich mich über Ihre Initiative, das Jubiläum virtuell zu begehen. Ein solch wichtiges Ereignis verlangt es, zeitnah gefeiert zu werden. 

Ich wünsche Ihnen eine gelingende Feier und eine weiterhin so erfolgreiche Weiterentwicklung der Japanologie!

Cornelia Storz | FB 2 Wirtschaftswissenschaften